Gedenktag von Lourdes – Welttag der Kranken
Trost: erhofft, zugesprochen - vielleicht anders als erwartet…
Schriftstelle
Jesaja 66, 10-14c
Freut euch mit Jerusalem und jauchzt in ihr alle, die ihr sie liebt! Jubelt mit ihr, alle, die ihr um sie trauert, auf dass ihr trinkt und satt werdet an der Brust ihrer Tröstungen, auf dass ihr schlürft und euch labt an der Brust ihrer Herrlichkeit! Denn so spricht der HERR: Siehe, wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr und die Herrlichkeit der Nationen wie einen rauschenden Bach, auf dass ihr trinken könnt; auf der Hüfte werdet ihr getragen, auf Knien geschaukelt. Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, so tröste ich euch; in Jerusalem findet ihr Trost. Ihr werdet das sehen und euer Herz wird jubeln und eure Knochen werden sprossen wie frisches Grün. So offenbart sich die Hand des HERRN an seinen Knechten.
Impuls
Wer würde sich in der Situation von Krankheit nicht über Trost freuen?
Und welcher Trost könnte besser passen als die Zusage, dass die Krankheit bzw. das Gebrechen bald wieder geheilt sein wird?
Doch das Leben hält nicht immer dieses entweder-oder bereit.
Eine bemerkenswerte Definition von „Gesundheit“ klingt derart: „Gesund ist, wer mit seinen Gebrechen zu leben gelernt hat.“
Klar ist: Ein Knochenbruch, fachgerecht eingerenkt und eingegipst, wird unter normalen Umständen zusammenwachsen und nach der Heilung keinerlei Beschwerden hinterlassen.
Komplizierter wird es, wenn die Wundheilung nicht ungestört abläuft.
Bedrohlich kann es werden, wenn Kreislauf oder Stoffwechsel nicht adäquat funktionieren – da ist die Ursachenabklärung oftmals aufwändig, uneindeutig.
Insofern ist es gar nicht so leicht, in der Situation von Krankheit Trost zuzusprechen. Denn allzu leicht könnte es zu „leeren Vertröstungen“ kommen, die niemandem helfen.
Dennoch freut sich wohl jeder Mensch, wenn er persönlichen Besuch und gute Worte zugesagt bekommt.
Oder: Wenn es keine passenden Worte gibt, dann kann stilles Da-Sein und Da-Bleiben - also „einfach“ Aushalten - der Trost sein, der gut tut.
Denn auch die leidende Person kann ja nicht „weglaufen“, muss aushalten. Wenn der Besuchende Selbiges tut, dann kann das wirklich trostvoll sein.
Wie ist das aber nun zu verstehen, wenn Gott durch den Propheten Jesaja Trostesworte zuspricht? Hat Gott einfach immer die passenden Worte, auch dort, wo sie uns als Menschen fehlen – schließlich ist er ja Gott, der alles vermag???
Doch in dieser Jesaja-Stelle begegnet uns ein völlig anderes Bild:
Wenn eine Mutter ihr Kind tröstet, dann tut sie das vor allem NICHT durch Worte – sondern durch ihr Da-Sein, ihre körperliche Präsenz, durch beruhigendes Tragen oder Schaukeln. Das zwar oft auch mit Worten unterstützt wird; doch müssen diese Worte nicht immer „grammatikalischen Sinn“ ergeben. Viel eher geht es einfach um die vertraute Stimme – quasi ein „zärtliches lautmalerisches Streicheln“.
Wahrer Trost, so scheint mir, ist ein Beziehungsgeschehen.
Medizinische Versorgung und pflegerische Begleitung sind unabdingbar für Heilung.
Doch wenn der Mensch selbst keinen Lebensmut hat, keine Perspektive, dass „es wieder gut werden wird“, dann nützen auch keine Medizin und Pflege.
Ohne ein Beziehungsnetz ist Leben schlicht unmöglich (siehe die erschreckenden Wirkungen von Hospitalismus).
Genau das verspricht Gott: Er ist der, der bleibt, der begleitet, der aushält.
Nicht alle – ja, eigentlich sogar ganz wenige! - Menschen, die nach Lourdes zur wundertätigen Grotte gepilgert sind, wurden geheilt. Doch viele sind getröstet heimgekehrt. Weil sie den Beistand Gottes erspürt haben.
Nicht alle Gebrechen, nicht jegliches Leid nimmt Gott hinweg.
Doch hält er stand, bleibt er treu – und erweist sich als Begleiter des Menschen, der diese Beziehung seinerseits aufrechterhalten will.
Gott ist treu. Egal, ob in Gesundheit oder Krankheit.
Das ist das eigentlich Trostvolle.
© nikfai