Glücklich sind diejenigen
Seht auf eure Berufung, Schwestern und Brüder!
(1 Kor 1,26)
Dieser erste Satz aus dem Brief den Paulus an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat, hat mich an die großen Augen meiner Schüler in einer Religionsstunde erinnert.
Das Thema war Beruf – Berufung.
Meine Schüler und Schülerinnen haben erwartet, dass ich ihnen „nur“ von all den Möglichkeiten der Berufung in der katholischen Kirche erzähle und sie „anwerben“ will.
Wie gesagt, sehe ich die erstaunten und nachdenklichen Blicke noch vor mir … denn mein Herzenswunsch an sie war –
Ich wünsche jedem und jeder von euch, dass, egal welchen Beruf ihr euch aussucht, er auch eure Berufung ist.
Wir können in jedem von uns gewähltem Beruf unsere Berufung leben. Ich möchte sogar noch direkter werden und sage –
Es ist unser Auftrag als Christen und Christinnen, als Menschen, in unserem Alltag, im täglich miteinander im Beruf, in der Familie, bei Freunden unserer je eigenen Berufung in Jesus zu folgen –
denn selig ist … wer auf Gott vertraut.
Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet „selig“ auch „glücklich“ und kommt vermutlich dem, wie Jesus es gemeint hat näher, als die Vorstellung von seliggesprochen, die wir oft mit dem Wort verbinden.
Die Seligpreisungen beschreiben somit, was ein glücklicher, aufrichtiger, authentischer Mensch ist.
Bibelstelle
Matthäus 5, 1-12a
Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.
Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen.
Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.
Gedanken zu den Seligpreisungen
Selig, die arm sind vor Gott …
Glücklich sind diejenigen, die ganz auf Gott vertrauen und offen sind für die Neuheit des Reiches Gottes, der Welt und des Himmels.
Selig, die Trauernden …
Glücklich sind diejenigen, die weinen können in der Trauer, der Zerbrochenheit und Trost finden im Trocknen der Tränen.
Selig, die Sanftmütigen …
Glücklich sind diejenigen, die Zwang und Gewalt keinen Raum geben, sondern achtsam Freiheit respektieren, durch Liebe und Flexibilität einen Raum der Wahrheit schaffen und so der Gesellschaft ein neues Gesicht geben können.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit …
Glücklich sind diejenigen, die das tiefe Bedürfnis nach Gerechtigkeit nicht unterdrücken und die Frucht von Solidarität und Nächstenliebe als Nahrung für das Leben teilen und deshalb tiefen inneren Frieden erfahren.
Selig die Barmherzigen …
Glücklich sind diejenigen, die aus ihrer Gottesbeziehung heraus, den Umgang mit den Mitmenschen bedenken und Mit-Gefühl in Wort und Tat dem Anderen gegenüber da sind.
Selig, die rein sind im Herzen …
Glücklich sind diejenigen, die das Herz als Ort wahrnehmen, wo man sich seiner selbst bewusst wird und in diesem tiefsten Inneren Verantwortung übernimmt und Gottesbegegnung stattfindet.
Selig, die Frieden stiften …
Glücklich sind diejenigen, die allem, was Gewalt hervorbringt, keinen Raum geben und den Dialog als Mittel und Weg zum Frieden wählen, getragen von Wertschätzung, Bejahung und Annahme.
Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen …
Glücklich sind diejenigen, die trotz Widerstände ihrem Gewissen folgen und sich voll Vertrauen in Gottes Hände begeben, denn das Reich Gottes beginnt hier auf Erden.
Freut euch und jubelt!
© Christine Sgarz